Lichtteilchen wollen keine Individualisten sein

Photonen bevorzugen von zwei möglichen Zuständen denjenigen, in denen sich schon viele befinden.

Wenn sich Photonen zwischen zwei Zuständen entscheiden können, bevorzugen sie denjenigen, in dem sich bereits viele von ihnen befinden. Dieser Hang zum Kollektivismus kommt aber erst dann zum Tragen, wenn genügend Lichtpartikel  zusammenkommen. Das zeigen Physiker der Universität Bonn in einer aktuellen Studie. Die Ergebnisse könnten beispielsweise zur Entwicklung besonders leistungsfähiger Laserquellen beitragen.

Sind im Raum erst ein paar Dutzend Photonen anwesend, - verteilen diese sich...
Sind im Raum erst ein paar Dutzend Photonen anwesend, - verteilen diese sich gleichmäßig auf den linken und auf den rechten „Tisch“ (linkes Bild; jeder der „Tische“ besteht aus zwei übereinanderliegenden Flecken). Je mehr dazu kommen, desto stärker wird der rechte Tisch bevorzugt (mittleres und rechtes Bild).
Quelle: AG Weitz / U Bonn

Bosonen sind Kollektivisten. Sie bevorzugen es, gemeinsam im selben Zustand vorzuliegen. So die Photonen: Wenn man genügend viele von ihnen abkühlt und auf kleinstem Raum zusammensperrt, verschmelzen sie zu einer Art gigantischem Super-Photon. Doch was, wenn man die Lichtteilchen zuvor zwingt, eine von zwei leicht unterschiedlichen Farben anzunehmen? Entstehen dann zwei verschieden gefärbte Super-Photonen? Oder entscheiden sich alle für dieselbe Farbe, um ihrem Wunsch nach Konformität Genüge zu tun?

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Markus Gräfe • 6/2022 • Seite 40

Spukhafte Erscheinungen

Dieser Frage ist die Arbeits­gruppe um Martin Weitz vom Institut für Ange­wandte Physik der Uni­ver­si­tät Bonn nach­ge­gangen. „Zu­nächst haben wir mit einer be­stimm­ten Me­tho­de ge­kühl­te Pho­to­nen er­zeugt“, sagt Weitz, der auch Mit­glied im Trans­diszi­pli­nären For­schungs­bereich (TRA) „Matter“ und im Ex­zel­lenz­clus­ter „ML4Q – Mate­rie und Licht für Quan­ten­infor­ma­tion“ der Uni­ver­si­tät Bonn ist. „Dann haben wir diese Licht­teil­chen in einen Raum ge­sperrt, in dem sie eines von zwei mini­mal unter­schied­li­chen Ener­gie­ni­veaus an­neh­men muss­ten – also leicht ver­schie­dene Farben.“ Das ist etwa mit einem Res­tau­rant ver­gleich­bar, in dem es zwei große Tische gibt, an dem die Gäs­te Platz nehmen kön­nen.

Die Forscher schauten nun, an welchem davon sich die Pho­to­nen nieder­setzten. Dabei stell­ten sie fest, dass sich die ersten von ihnen noch eini­ger­maßen zu­fäl­lig auf die bei­den Tische ver­teil­ten. „Das nie­dri­gere Ener­gie­niveau war zwar mini­mal stär­ker be­setzt; dieser Unter­schied fiel aber kaum ins Ge­wicht“, sagt Weitz. „Das galt je­doch nur, so­lange die Zahl der Pho­to­nen gering war.“ Sobald die Zusam­men­kunft auf meh­rere Dutzend Teil­neh­mende ange­wachsen war, began­nen die Neu­ankömm­linge, sich zu sor­tie­ren: Sie wählten immer häufiger den Tisch, der bereits bes­ser besetzt war. Das ging so weit, dass der lee­rere Tisch ab eini­gen hundert Pho­tonen fast gar nicht mehr gewählt wurde.

Dieses kollektivistische Verhalten ist bereits für Gase verschiedener Arten von Bosonen nachge­wiesen worden. In Gasen stehen den Teilchen aber immer sehr viele ver­schie­dene Mög­lich­keiten zur Ver­fügung und nicht – wie in diesem Fall – nur zwei.

Möglicherweise lässt sich dieses Prinzip für die Konstruk­tion besonders leistungs­fähiger Laser­quellen aus­nutzen. Denn die Energie von Laser­licht lässt sich prinzi­piell steigern, indem man mehrere Strahl­quellen kombi­niert. „Dazu müssen diese aber dieselbe Phasen­lage haben, ihre Wellen­berge müssen also immer genau über­ein­ander liegen“, sagt Weitz. „Wenn das nicht der Fall ist, kann es vor­kommen, dass die Wellen­berge des ersten Laser­strahls auf Wellen­täler des zweiten Strahls treffen und sich gegen­seitig aus­löschen.“

Die Lichtwellen zweier Laser so genau anzu­gleichen, ist sehr schwierig. Vielleicht lässt sich für die Vereini­gung der Strahlen jedoch der Hang der Photonen zum Kollekti­vismus ausnutzen. „Unserer Ergebnisse deuten darauf hin, dass das klappen könnte“, erklärt der Wissen­schaftler. „Bis zur technolo­gischen Um­setzung ist es jedoch noch ein weiter Weg.“ [U Bonn / dre]

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