17.09.2025

Tiefsee, Design, Quanten und Magie

Ausstellungen in Basel und Göttingen bieten wissenschaftlichen Bezüge und ungewöhnliche Perspektiven.

Alexander Pawlak

Nur wenigen ist es vergönnt, in die finsteren Tiefen des Meeres abzutauchen. Der enorme technische Aufwand hat bislang dafür gesorgt, dass die Welt des Wassers, die den größten Teil unseres Planeten bedeckt, noch voller Rätsel ist. Die Tiefsee birgt eine längst nicht völlig erschlossene Vielfalt von Lebewesen, die auch unter größtem Druck existieren können, gleichzeitig bedroht der Mensch diesen faszinierenden Lebensraum, etwa durch die Erwärmung aufgrund des Klimawandels und den wachsenden Lärm unter Wasser.

Wie es sich in den fast bis völlig lichtlosen Bereichen des Meeres anfühlt und wie der Mensch in diesen Lebensraum eindringt, macht die eindrucksvolle Ausstellung Midnight Zone des französisch-schweizerischen Künstlers Julian Charrière erfahrbar, die noch bis zum 2. November im Museum Tinguely in Basel zu erleben ist. Charrière verknüpft in seiner oft immersiven Ausstellung, die sich über drei Stockwerke erstreckt, künstlerische wie wissenschaftliche Methodik. Das ermöglicht gleichermaßen sinnliche wie lehrreiche Erfahrungen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen submarine Ökosysteme, insbesondere der Bereich im Meer, in den kein Sonnenlicht mehr dringt. So lassen sich beispielsweise auf dem Boden liegend die Geräuschkulisse des Meeresgrundes und die Erschütterungen ferner Seebeben erleben.

Charrière versenkt verkehrt herum eine Fresnel-Linse im Meer und dokumentiert diesen Tauchgang im titelgebenden Video „Midnight Zone“ (2025) mit der Kamera eines ferngesteuerten Tiefseefahrzeugs. Es ist eine Reise in einen Raum, der sich jeder Orientierung entzieht, wo polymetallische Knollen – Objekte der industriellen Begierde – inmitten uralter Ökosysteme ruhen. Das Werk versetzt die Betrachtenden in traumgleiche Schwebezustände und beleuchtet gleichzeitig die blinden Flecken in unserem Streben nach Fortschritt.

Wer sich die Zeit nimmt, kann in dieser Ausstellung ein Kaleidoskop des größten Lebensraums auf der Erde erleben. Das lohnt den Besuch des Museums Tinguely, dessen derzeitige Hauptausstellung zum 100. Geburtstag von Jean Tinguely man sich ebenfalls nicht entgehen lassen sollte.

Wer Zeit für einen Abstecher ins nahegelegene Weil am Rhein hat, kann im Rahmen der Sonderausstellung Science Fiction Design. Vom Space Age zum Metaverse im Vitra Design Museum Sammlungsobjekte, speziell futuristische Möbel, besichtigen, die unser Bild von der Zukunft geprägt haben, nicht zuletzt, weil sie in zahlreichen Science-Fiction-Filmen auftauchen. Auf diese Weise bewirkt die Ausstellung einen neuen Blick auf die Zukunftsentwürfe von Star Trek, 2001: A Space Odyssey oder „Blade Runner“. Gleichzeitig verdeutlicht sie auch, wie sich Designer:innen von der Science-Fiction inspirieren lassen, um Objekte für eine wie auch immer imaginierte Zukunft zu entwerfen.

In der Ausstellung „Science-Fiction-Design“ im Vitra Design Museum sind...
In der Ausstellung „Science-Fiction-Design“ im Vitra Design Museum sind über hundert Objekte ausgestellt, die in Science-Fiction-Filmen zu sehen oder von Zukunftsvisionen inspiriert sind.
Quelle: Vitra Design Museum

Den faszinierenden Dialog zwischen Science-Fiction und Design ermöglichen über 100 Sammlungsobjekte in einer futuristischen Inszenierung des argentinischen Künstlers und Designers Andrés Reisinger, ergänzt um ausgewählte Exponate aus Film und Literatur. Die Präsentation schlägt einen Bogen von Beispielen des frühen 20. Jahrhunderts über das so genannte Space Age der 1960er- und 1970er- Jahre bis hin zu Designobjekten, die ausschließlich für virtuelle Zukunftswelten im Metaverse konzipiert sind. 

Wer sich für die Geschichte und Zukunft der Quantenmechanik interessiert, der sollte sich die Ausstellung Was zum Quant?! im Göttinger Forum Wissen nicht entgehen lassen, die noch bis zum 5. Oktober zu sehen ist. Hier lohnt es sich, Zeit für die Ausstellungsobjekte und Präsentationen zu nehmen, denn die Ausstellung eröffnet vielfältige Dimensionen des Themas.

Die Ausstellung „Was zum Quant?!“ macht die Geschichte und Tragweite der...
Die Ausstellung „Was zum Quant?!“ macht die Geschichte und Tragweite der Quantenmechanik auf vielfältige Weise nachvollziehbar.
Quelle: Alexander Pawlak

Dazu gehören natürlich die zentralen physikalischen Arbeiten, aber auch die zeitgeschichtlichen Aspekte. So belegt die Ausstellung die große Bedeutung der Stadt Göttingen für die Entwicklung der Quantenmechanik und macht auch das Schicksal vieler Physikerinnen und Physiker in der Zeit des Nationalsozialismus sichtbar. Die Wohnorte wie die verstreuten Lebenswege der damaligen Göttinger Physikerinnen und Physiker lassen sich so nachvollziehen. Darüber hinaus lädt eine speziell entwickelte digitale Schnitzeljagd dazu ein, die Orte der Quantenmechanik in Göttingen zu entdecken.

Seit 28. August ist im Forum Wissen auch die Interaktive Sonderausstellung Magisch! zu sehen, die sich damit auseinandersetzt, wie sich unsere Welt oft auf scheinbar magische Weise selbst organisiert – ohne zentrale Steuerung, aber mit komplexer Wirkung. Besucher:innen können beispielsweise turbulente Strömungen erleben und an einem Modell-Windpark experimentieren, um die effizienteste Anordnung von Windrädern zu finden.

Die Ausstellung basiert auf aktuellen Forschungsergebnissen des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS) in Göttingen, das im Juli 2025 sein 100-jähriges Bestehen feierte. In enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen des MPI-DS sowie mit einer 5. Klasse des Felix-Klein-Gymnasiums Göttingen entstand eine Ausstellung, die komplexe Phänomene anschaulich und begreifbar macht – von molekularen Zellprozessen bis zu atmosphärischen Bewegungsmustern.

Wer nicht den Weg ins Forum Wissen findet, dem bietet sich online die Möglichkeit, die dort auf Bildschirmen nutzbare Quantum History Wall zu erkunden. Diese innovative Webseite bietet einen visuellen Einstieg in die vielschichtige und komplexe Geschichte der Quantenphysik. Interessierte können sich auf einen virtuellen Streifzug durch die Quantenphysik begeben – von Begriffen und Konzepten über Theorien und Interpretationen bis hin zu Instrumenten, Experimenten und Messwerten. Visuelle Elemente werden mit kurzen Texten oder „history snacks“ kombiniert, die möglichst knapp und leicht verständlich physikalische Hintergründe und historische Kontexte darlegen.

„Statt Personen, deren Erinnerungen und Bewertungen steht hier die Physik selbst im Zentrum der Darstellung“, erklärt Projektleiter Arne Schirrmacher. „Die Geschichte wird visuell präsentiert: durch Kurven, Formeln, Zeichnungen, Notizen und Schemata, die die wesentlichen Fortschritte, aber auch Kontext und Konflikte in der Entwicklung der Quantenphysik repräsentieren.“

Die Webseite ist von der History Wall Men of Modern Mathematics inspiriert, die vom amerikanischen Designer-Paar Charles und Ray Eames 1966 für die großangelegte Ausstellung des California Museum of Science and Industry in Los Angeles entworfen wurde. Damit schließt sich der Kreis zum Vitra Design Museum, denn die Firma Vitra vertreibt auch heute noch die Designklassiker von Charles und Ray Eames, die sich auch einen Namen mit populärwissenschaftlichen Filmen gemacht haben.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Anbieter des Monats

Edmund Optics GmbH

Edmund Optics GmbH

With over 80 years of experience, Edmund Optics® is a trusted provider of high-quality optical components and solutions, serving a variety of markets including Life Sciences, Biomedical, Industrial Inspection, Semiconductor, and R&D. The company employs over 1.300 people across 19 global locations and continues to grow.

Meist gelesen

Themen