Fokus auf Lehrkräftebildung
Der diesjährige Ars legendi-Fakultätenpreis geht in der Physik an Jan-Philipp Burde (U Tübingen) und in der Chemie an Hans-Christian Schmitt (U Würzburg).
Maike Pfalz / DPG
Schon seit 2014 würdigt der Ars legendi-Fakultätenpreis Mathematik und Naturwissenschaften Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich durch herausragende, innovative und beispielgebende Leistungen in Lehre, Beratung und Betreuung auszeichnen.
In der Physik geht der Preis in diesem Jahr an Juniorprofessor Dr. Jan-Philipp Burde von der Universität Tübingen für seine Veranstaltungen, die „gekennzeichnet sind durch einen konsequenten Forschungsbezug, indem die Ergebnisse empirischer Studien vorgestellt und diskutiert werden“. Besonders bemerkenswert fand die Jury, dass der Preisträger das Lehramtsstudium in Physik nicht als verkürztes Fachstudium ansieht. Für ihn ist eine Verschränkung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik essenziell. Seine Veranstaltungen zeichnen sich durch einen systematischen Bezug zur Fachwissenschaft aus, indem er grundlegende Konzepte der Physikvorlesungen fachdidaktisch vertieft und reflektiert. Und sie haben einen klaren Bezug zur Schulpraxis, da die Studierenden kleine Unterrichtssequenzen und Experimente planen und sich gegenseitig vorführen oder sie mit Schülerinnen und Schülern ausprobieren.
Jan-Philipp Burde studierte an der Universität Kassel, machte sein Referendariat in England und promovierte an der Goethe-Universität Frankfurt am Main über ein Unterrichtskonzept zu einfachen Stromkreisen, das er in einem Artikel im Physik Journal vorgestellt hat. An der Universität Tübingen hat er eine Professur zur Didaktik der Physik inne, die seit 2019 von der Vector-Stiftung gefördert wird, um die dortige Lehramtsausbildung in Physik zu stärken. Dies geschieht u. a. vor dem Hintergrund, dass Lehramtsstudierende nicht nur ein angemessenes fachliches Verständnis, sondern insbesondere fachdidaktische Kompetenzen benötigen, um ihren zukünftigen Unterricht schülergerecht, zeitgemäß und lernwirksam zu gestalten. Ein wesentliches Ziel der Professur besteht darin, Studierende des Lehramts Physik durch eine forschungs- und praxisorientierte Lehre optimal auf ihre vielfältigen pädagogischen Aufgaben vorzubereiten und gleichzeitig durch innovative fachdidaktische Forschung dazu beizutragen, das Fach Physik in der Schule zum Beispiel durch einen höheren Alltagsbezug interessanter zu gestalten. Dabei ist es Jan-Philipp Burde ein großes Anliegen, dass die Erkenntnisse seiner physikdidaktischen Forschung ihren Weg in die Schulpraxis finden.
In der Chemie geht der Preis an Hans-Christian Schmitt von der Universität Würzburg „für sein wegweisendes Engagement im Rahmen seiner Lehrveranstaltungen in der Physikalischen Chemie“. Er überzeugte die Jury insbesondere mit der innovativen Neugestaltung von Praktikumsexperimenten, sinnvollen Digitalisierungsstrategien und seinen Konzepten zur Anregung des aktiven, forscherischen Lernens. Darüber hinaus gelingt es Hans-Christian Schmitt im Haupt- wie Nebenfach sowie in der Ausbildung von angehenden Lehrkräften durch zielgruppengerechte Begleitmaterialien, variable Diskussionsformate und innovative Lernzielkontrollen langfristige Lernerfolge zu erzielen und inhaltliche Begeisterung für das Experiment zu wecken.
Hans-Christian Schmitt studierte in Würzburg Mathematik und Chemie auf Lehramt und promovierte anschließend am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Würzburg. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit leitet er dort die physikalisch-chemischen Praktika, hält Vorlesungen und Seminare und organisiert den Lehrbetrieb.
Der Ars legendi-Fakultätenpreis wird vom Stifterverband, der Gesellschaft Deutscher Chemiker, der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und dem Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland seit 20 Jahren in verschiedenen Kategorien vergeben und ist mit je 5000 Euro dotiert. Die Preisträgerinnen und Preisträger in den anderen Kategorien sind Nina Keul von der Universität Kiel in Biologie und Anselm Knebusch von der Hochschule für Technik Stuttgart in Mathematik.
Die feierliche Verleihung der Ars legendi-Fakultätenpreise findet am 23. April im EXPERIMINTA ScienceCenter in Frankfurt statt. Interessierte sind herzlich eingeladen und können sich bis zum 12. April unter www.gdch.de/ALFP2024 anmelden.
Weitere Infos
- Ars legendi-Fakultätenpreis
- AG Didaktik der Physik, Universität Tübingen
- Stiftungsprofessur der Vector Stiftung
- Physikalisch-Chemische Praktika an der Uni Würzburg
Weitere Beiträge
- „Das Programm ist sehr kohärent.“, Interview mit Christian Wagner, Ars legendi-Fakultätenpreis 2014 (PDF, frei)
- „Mut, hohe Maßstäbe zu setzen“, Interview mit Frederic Schuller, Ars legendi-Fakultätenpreis 2016 (PDF, frei)
- R. Kellner und S. Stanzel, Vorher lesen statt vorgelesen, Physik Journal, Juli 2022, S. 35
- P. Möhrke und B.-U. Runge, Standardmäßig unsicher, Physik Journal, April 2019, S. 42 (Ars legendi-Fakultätenpreis 2018)
- S. Staacks, H. Heinke und C. Stampfer, Smarte Experimente, Physik Journal, November 2018, S. 35 (Ars legendi-Fakultätenpreis 2020)
- „In die Tiefe vordringen statt an der Oberfläche kratzen.", Interview mit Christian Hoffmann, Ars legendi-Fakultätenpreis 2021
- „Ich musste zunächst die Professoren überzeugen.“, Interview mit Julia Sammet, Ars legendi-Fakultätenpreis 2022
- „Am Anfang waren alle verunsichert.“, Interview mit Ivonne Möller, Ars legendi-Fakultätenpreis 2023 (PDF)