10.10.2025 • Astrophysik

Mit Supercomputern das Rätsel der Jets lösen

Theoretische Astrophysiker der Goethe-Universität haben einen numerischen Code entwickelt, mit dem sie beschreiben können, wie Schwarze Löcher die Energie aus ihrer Rotation in relativistische Jets umsetzen.

Die Jets von Aktiven Galaktischen Kernen entstehen in der Nähe rotierender Schwarze Löcher. Sie tragen dazu bei, Energie und Materie im Universum zu verteilen, und sie können die Entwicklung ganzer Galaxien beeinflussen. Das Team von Astrophysikern an der Goethe-Universität unter der Leitung von Luciano Rezzolla hat einen numerischen Code entwickelt, den „Frankfurt particle-in-cell code for black hole spacetimes (FPIC)“, der mit hoher Genauigkeit die Prozesse beschreibt, die zur Umwandlung von Rotationsenergie in einen Teilchenstrahl führen. Das Ergebnis: neben dem Blandford-Znajek-Mechanismus, demzufolge starke Magnetfelder für die Umwandlung der Rotationsenergie verantwortlich sind, ist ein weiterer Prozess an der Energieentnahme beteiligt: die Rekonnexion von Magnetfeldlinien, wodurch magnetische Energie in Wärme, Strahlung und Plasmaeruptionen umgewandelt wird.

Rotierendes Schwarzes Loch, links: Dichte, rechts: Energie, grau:...
In der Äquatorialebene des Schwarzen Lochs entstehen Plasmoide. Auch entlang der Drehachse erreichen die Teilchen relativistische Geschwindigkeiten und bilden schließlich den Jet. Links: Dichte, rechts: Energie, grau: Magnetfeldlinien.
Quelle: Meringolo, Camilloni, Rezzolla / U Frankfurt

Der FPIC-Code simuliert die Entwicklung einer riesigen Anzahl geladener Teilchen und extremer elektromagnetischer Felder unter dem Einfluss der starken Gravitation des Schwarzen Lochs. Claudio Meringolo, Hauptentwickler des Codes, erklärt: „Die Simulation solcher Prozesse ist entscheidend für das Verständnis der komplexen Dynamik relativistischer Plasmen in gekrümmten Raumzeiten in der Nähe kompakter Objekte, die durch das Zusammenspiel extremer Gravitations- und Magnetfelder bestimmt werden.“

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Astrid Eichhorn • 6/2019 • Seite 18

Ins Schwarze gesehen

Für die Untersuchungen waren höchst aufwendige Super­computer-Simula­tionen erfor­der­lich, die Millionen von CPU-Stunden auf dem Frank­furter Super­computer Goethe sowie auf dem Stutt­garter Super­computer Hawk bean­spruch­ten. Die enorme Rechen­leistung war notwendig, um die Maxwell-Glei­chungen und die relati­vis­tischen Bewegungs­glei­chungen von Elek­tronen und Posi­tronen zu lösen.

In der Äquatorebene des Schwarzen Lochs zeigten die Berech­nungen inten­sive Rekon­nexions­akti­vität, die zur Bildung einer Kette von Plas­moiden führt – konden­siertem Plasma in Energie-Blasen – die sich mit annähernd Licht­geschwindig­keit bewegen. Den Wissen­schaftlern zufolge geht dieser Prozess geht mit der Erzeu­gung von Teilchen mit negativer Energie einher, die extreme astro­physika­lische Erschei­nungen wie Jets und Plasma­eruptionen antreibt.

„Unsere Ergebnisse eröffnen die faszinie­rende Möglichkeit, dass der Blandford-Znajek-Mechanismus nicht der einzige astro­physika­lische Prozess ist, der Rotations­energie aus einem Schwarzen Loch extra­hieren kann“, sagt Filippo Camil­loni, der ebenfalls am FPIC arbeitete, „sondern dass auch die magne­tische Rekon­nexion dazu beiträgt.“

„Wir können mit unserer Arbeit zeigen, wie Energie effizient aus rotie­renden Schwarzen Löchern extra­hiert und in Jets kanali­siert wird“, sagt Rezzolla. „So können wir dazu beitragen, die extremen Leucht­kräfte Aktiver Galaxien­kerne sowie die Beschleu­nigung von Teil­chen bis fast auf Licht­geschwindig­keit erklären“. Es sei unglaub­lich spannend und faszinie­rend, über ausge­feilte numerische Codes besser verstehen zu können, was in der Nähe eines Schwarzen Lochs geschehe. „Gleich­zeitig ist es noch lohnen­der, die Ergeb­nisse dieser komplexen Simula­tionen mit einer strengen mathema­tischen Behandlung erklären zu können – so wie wir es in unserer Arbeit getan haben.“ [GU / dre]

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