27.08.2025

Zum Tod von Herwig Schopper

Der ehemalige CERN-Generaldirektor und DPG-Präsident starb im hohen Alter von 101 Jahren.

Alexander Pawlak / CERN / DPG

Herwig Schopper, von 1981 bis 1988 Generaldirektor des CERN, verstarb am 19. August im Alter von 101 Jahren. Als herausragender Physiker und visionärer Diplomat spielte er eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Grundlagenphysik in Europa und bei der Entwicklung des CERN zum weltweit renommierten Labor.

Von 1992 bis 1994 war Herwog Schopper Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Im Anschluss wurde er Präsident der European Physical Society (EPS).  2013 zeichnete ihn die DPG für seinen langjährigen unermüdlichen Einsatz für die physikalische Grundlagenforschung in Deutschland und Europa mit der Ehrenmitgliedschaft aus.

Als CERN-Generaldirektor stellte er die Weichen für den Bau des 27 Kilometer langen LEP-Ringtunnels. Besonders am Herzen lag ihm später das internationale Forschungszentrum SESAME in Jordanien, das er ab Ende der 1990er-Jahre maßgeblich voranbrachte. Bis zuletzt bewahrte er sich sein großes Interesse an der Zukunft seines Fachgebiets und unterstützte seine Nachfolger:innen mit seiner Vision und seiner umfangreichen Erfahrung.

Herwig Schopper im Jahr 2019 am CERN, dessen Generaldirektor er von 1981 bis...
Herwig Schopper im Jahr 2019 am CERN, dessen Generaldirektor er von 1981 bis 1988 war.
Quelle: CERN / Samuel Joseph Hertzog

Nach einer Promotion in Optik an der Universität Hamburg im Jahr 1951 wandte sich Herwig Schopper zunächst der Kernphysik und dann der Teilchenphysik zu und arbeitete in mehreren europäischen Laboratorien, darunter am Königlichen Technischen Institut in Stockholm, Schweden, unter Lise Meitner an der schwachen Wechselwirkung.

Nachdem er 1954 Professor an der Universität Erlangen geworden war, verbrachte er ein Sabbatical in Cambridge, Großbritannien, und wurde 1957 zum Professor an der Universität Mainz ernannt. Zu dieser Zeit baute Deutschland seine Infrastruktur für die Grundlagenphysik wieder auf: So wurde beispielsweise 1959 das Forschungszentrum DESY gegründet, das seine ersten Beschleuniger entwickelte. Herwig Schopper spielte eine Schlüsselrolle bei diesen bahnbrechenden Aktivitäten.

1960 ging er an die Cornell University in den Vereinigten Staaten, wo er an deren leistungsstarkem Elektronensynchrotron forschte. Im folgenden Jahr wurde er Direktor des Instituts für Kernphysik an der Universität Karlsruhe. 1973 ernannte das DESY ihn zum Direktor, eine Position, die er bis 1981 innehatte. Unter seiner Leitung wurden mehrere Beschleuniger entwickelt und in Betrieb genommen.

Herwig Schopper

Kerstin Sonnabend • 4/2024 • Seite 36

„Die Politik kann viel von der Wissenschaft lernen.“

Photo
Herwig Schopper • 2/2016 • Seite 3

Erkenntnisgewinn ist nicht bezahlbar

Photo
Christian Spiering und Herwig Schopper • 6/2016 • Seite 37

Superschwere Elemente und Neutrinos

Herwig Schopper • 7/2004 • Seite 3

Ein Licht der Hoffnung

Neben seiner brillanten Karriere in Deutschland war er ab den 1960er-Jahren an der Forschung am CERN beteiligt und hatte ab den 1970er-Jahren mehrere strategische Positionen inne: von 1970 bis 1971 Leiter der Abteilung für Kernphysik, von 1973 bis 1976 Vorsitzender des ISR-Ausschusses und von 1978 bis 1980 Mitglied des Ausschusses für Wissenschaftspolitik.

Während seiner Amtszeit als Generaldirektor des CERN, die 1981 begann, spielten seine wissenschaftliche Vision und sein diplomatisches Geschick eine entscheidende Rolle bei der Genehmigung des Projekts zum Bau des Large Electron-Positron Collider (LEP) und auch bei der Fertigstellung dieses Beschleunigers. Schopper trug zur globalen Expansion des CERN bei und war einer der Architekten des internationalen Kooperationsmodells für die LEP-Experimente, das den Weg für die heutigen großen experimentellen Kooperationen ebnete. 

Schoppers Amtszeit war auch geprägt von der Entdeckung der W- und Z-Bosonen durch die UA1- und UA2-Experimente am Proton-Antiproton-Collider SPS im Jahr 1983, die im folgenden Jahr mit dem Nobelpreis für Physik an Carlo Rubbia und Simon van der Meer gewürdigt wurde.

In den Jahren nach seiner Amtszeit als Generaldirektor des CERN setzte Herwig Schopper sein Engagement für die Wissenschaft fort, indem er in den wissenschaftlichen Beiräten mehrerer Laboratorien tätig war und den Vorsitz der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und später der Europäischen Physikalischen Gesellschaft innehatte. Eine seiner größten Leistungen war SESAME, das internationale Zentrum für Synchrotronlicht für experimentelle Wissenschaft und Anwendungen im Nahen Osten, dessen Mitbegründer und erster Präsident des Rates er war.

„Wir haben einen brillanten Wissenschaftler und einen der größten Förderer des CERN und unseres Fachgebiets verloren, der die Grundwerte unseres Labors wirklich verkörperte. Wir haben auch einen geschätzten Freund verloren, der für seine Einsichten, sein Engagement und seine Herzlichkeit bewundert wurde“, würdigte Fabiola Gianotti, Generaldirektorin des CERN, den Verstorbenen.

Weitere Informationen

Anbieter des Monats

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Das Unternehmen wurde 1989 von Dr. Karl Eberl als Spin-off des Walter-Schottky-Instituts der Technischen Universität München gegründet und hat seinen Sitz in Weil der Stadt bei Stuttgart.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen